Aggressionsverhalten beim Hund

 

Definieren wir erst einmal aggressives Verhalten beim Hund. Aggression beim Hund ist zunächst einmal ein ganz normales Verhalten, das zu seinem Ausdrucksrepertoir gehört, so wie Freude, Angst und Leid. Aggression sichert sogar in manchen Fällen das ÜBERLEBEN z.B. bei Nahrungsknappheit usw. Aggression ist von der Natur angelegt und dient dem Selbstschutz des Hundes.

Aggressives Verhalten braucht immer einen äußeren Auslöser.

Was kann der Auslöser für ein aggressives Verhalten beim Hund sein?

  1. Territorial
  2. Angst motiviert
  3. Frustration und Wut
  4. Angelernt durch fehlverhalten des Hundeführers (Leinenaggression)
  5. Leid, Schmerz, Tumore
  6. Sexuell gebunden, Rivalen

 

1. Territorial:

 

Zur territorialen Aggression gehören z.B. das bewachen von Haus, Garten, Knochen, Spielzeug, Personen und Auto.

Draußen: Stoppen von Personen, Joggern, Radfahrern, motorisierten Fahrzeugen, Pferden

 

Angst:

Angst ist eine der häufigsten Ursachen für Aggressionen z.B. Angst vor Personen, Kindern wurde negativ konditioniert durch Schläge, Tritte oder Gegenstände die geworfen wurden.

Angst vor Artgenossen, Tieren, Angst vor Umweltgeräusche wie Luftballons, Autos, Gewitter usw.

 

Wut und Frustration:

Der Hund wird z.B. mit der Leine gehindert zu einem anderen Hund zu gehen, daraufhin beißt der Hund in die Leine und schüttelt diese oder richtet seine Aggression sogar gegen den Führer.

 

Angelernte Fehlverknüpfungen:

Hund zeigt an der Leine aggressives Verhalten gegenüber Artgenossen. Durch die ungewollte positive Verstärkung durch den Hundeführer wurde das Verhalten ausgebaut.

 

Tumore:

Hunde, die unter einem Gehirntumor leiden, zeigen oft eine Aggression, die nicht nachvollziehbar ist. Es ist nicht klar, warum der Hund aggressiv ist, es kommt aus heiterem Himmel.

 

Sexuell gebunden/Rivalen:

Eine Hündin verteitigt ihre Welpen

Zwei Rüden rivalisieren um eine Hündin

 

Das optische und akustische Ausdrucksverhalten gibt uns Auskunft über die Befindlichkeit des jeweiligen Hundes.

Wie ist sein emotionaler Zustand?

Was wird er als nächstes Tun?

 

Was gehört zum Aggressiven Ausdrucksverhalten?

Defensives Aggressionsverhalten

Blickkontakt abwenden vom Gegenüber

Angelegte Ohren

Vollzähneblecken mit spitzen Mundwickeln

Abwehrschnappen in die Luft

Haare Sträuben über den ganzen Rücken

Hund macht sich klein und knickt die Hinderbeine ein.

Rute meist eng angelegt oder zwischen den Beinen eingeklemmt

Kopf ist gesenkt mit Blick zum Boden    

     

 Gehemmte Aggression

Abwehr mit gekrümmten Hals

Abwehrkreiseln

Abwehr auf dem Rücken

Abwehrstoßen

 

Das Angstbeißen ist die heftigste

Beißattake gegen den Gegner

 

   

 

Offensives Aggressionsverhalten

Blickkontakt suchen Fixieren des Gegners

Vornstehende Ohren

Vornzähneblecken mit runden Mundwickeln

Über die Schnauze beißen Rückenbiss

Haare sträuben nur im vorderen Bereich

Hund macht sich groß und steif

Rute halb hoch oder ganz oben leicht wedelnd

Kopf ist erhoben und auf den Gegner gerichtet

 

Offensive ausgerichtet

Pfote auf den Rücken des Gegenübers legen

T- Stellung

Aufreiten

Rempeln, Stoßen, anspringen, verfolgen runter drücken

 Frei

Angriff

Beißen mit Verletzungen

 

 


 Imponierverhalten / Dominantes Verhalten:

Ausducksverhalten eines imponierenden Rüden

Ohren nach vorne gerichtet

Stirn ganz glatt

Markieren mit scharren auf dem Boden

Die Umgebung markieren

Steifer Gang

Rute weit nach oben und wedelt ganz leicht

Kopf auflegen beim anderen Hund

starrer Blick auf das gegenüber

Fixieren

 

Dominanzverhalten / Rangordnung

Als Rangordnung bezeichnet man in der Verhaltensbiologie eine Hierarchie. Eine soziale Gruppe regelt ihr zusammenleben für eine längere Zeit und es ist klar wer was zu tun und zu lassen hat.

 

Warum es den Dominanten Hund nicht gibt!

In einem Wolfsrudel leben Elterntiere mit ihren Kindern und den Großeltern zusammen. Dort weiß jeder, was seine Aufgabe ist und wo sein Rang ist. Durch die vielfältige Ausdrucksweise werden ernsthafte Raufereien und Verletzungen vermieden. Denn Verletzungen in der Natur würden auch schnell den Tod bedeuten.

Es gibt also nicht den Dominanten Hund. Dominanz ist eine Interaktion die zwischen zwei Tieren entsteht. Treffen zwei Hunde aufeinander bestimmt der unterwürfige Hund, dass der andere dominant sein darf. Trifft der gleiche Hund auf einen anderen Hund kann es ganz anders aussehen. Jetzt kann der Hund der gerade dominiert hat der Hund sein der sich unterwirft.

Treffen zwei Rüden aufeinander kann es zu Imponierverhalten kommen. Oft haben die Rüden einen hohen sozialen Status. Je nachdem wie sie sich verhalten kann es hier zu aggressiven Auseinandersetzungen kommen. Eine Rüde verteidigt z. B. seine Hündin gegenüber einem anderen Rüden.

 

 Jeder Hund hat eine Individualdistanz, wie weit er einen Menschen oder Artgenossen an sich heranlässt. Wird die Individualdistanz eines Hundes unterschritten, so zeigt er seinem Gegenüber eine Reaktion. Die Antwort darauf heißt entweder Flucht oder Angriff. Wird die Individualdistanz eines Hundes unterschritten, dann versucht er seine Individualdistanz durch Flucht oder Angriff wieder herzustellen.

Der Hund versucht seinen Körper damit unversehrt zu halten und seine Individualdistanz zu waren.

Ein Hund hat vier Möglichkeiten auf einen herannahenden Hund zu reagieren:

Er antwortet mit:

  1. Flucht
  2. Passiver Unterwerfung
  3. Aktiver Unterwerfung
  4. Angriff

Aggressionsverhalten beim Hund sollte jedoch für die Menschen und andere Tiere nicht bedrohlich werden. Jeder Hundehalter ist für seinen Hund eigenverantwortlich und hat Sorge zu tragen, dass niemand anderes zu Schaden kommt.

Sollte ein Hund dennoch aus irgendeinem Grund aggressives Verhalten zeigen, ist es wichtig durch gezieltes beobachten den äußeren Auslöser herauszufinden. Ein professioneller Hundetrainer sollte einen gezielten Trainingsplan für den Hund und seinen Hundeführer erstellen.

 

Es sind einige Fragen zu beantworten:

Um welchen Phänotyp handelt es sich?

Der Phänotyp setzt sich zusammen aus den Erbanlagen und den Umweltfaktoren. Diese zwei Dinge ergeben das Erscheinungsbild eines Hundes. 

 

Woher stammt der Hund?

Wurde der Hund als Welpe vom Züchter geholt?

Wurde er als älterer Hund aus dem Tierheim geholt?

Oder wurde der Hund aus dem Ausland zu uns nach Deutschland geholt?

 

Dabei wäre es von Vorteil, der Hundetrainer erfährt etwas über die Vorerfahrungen des jeweiligen Hundes. Welche Erfahrungen hat der Hund in Bezug auf Menschen, Umwelt, Autos, Kinder usw gemacht.

Was für eine Rasse ist es und welche Veranlagung bringt der Hund mit (Hütehund, Hirtenhund, Jagdhund, Windhund, Palasthund)?

Wie war die Mutterhündin? War sie ängstlich, aggressiv und hat es an ihre Welpen weitergegeben

 

Leadership:

Der Hundeführer muss lernen seinen Hund durch konsequente aber liebvolle Führung zu kontrollieren. Dies erreicht er, durch:

klare Führung

Vertrauen schaffen

Beziehung aufbauen

Kommunikation verbessern

richtig spielen

soziale Bindung

klare Regeln schaffen für das zusammenleben

 

Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen:

Das alleinige Spazierengehen oder Joggen lastet den Hund zwar körperlich aus, jedoch nicht geistig.

Hunde wollen geistige Beschäftigung:

Apportierübungen mittels Clicker lernen

Versteckspiele mit Bezugspersonen

Suchspiele mit Gegenständen wie Ball, Holz usw

Spiele mit Spielzeug ziehen, jagen, tauschen usw.

körperliche und geistige Beschäftigung baut auch Aggressionen ab.

Durch das gezielte Training wird dem Hund ein alternatives Verhalten angelernt und durch Desensibilisierung und Gegenkonditionieren  ein anderer Lösungsweg gezeigt.

 

Hier nun ein Beispiel:

Aktuelle Situation ermitteln:

Es handelt sich hier um einen  Rüden 2 Jahre alt, der aus dem Tierheim geholt wurde. Der Hund kam von Kroatien nach Deutschland ins Tierheim und wurde von der Familie geholt.

Rasse: Vermutlich ein Hirtenhund / Hirtenhundmischling.

Der Hund lebt in einer Familie mit vier Kindern. Die Kinder sind zwischen 9 und 15 Jahren. Der Hund kann sich in der Wohnung hinlegen, wo er möchte. Er liegt manchmal auf dem Sofa oder unter dem Tisch.

Es ist nicht bekannt, welche Vorerfahrungen der Hund gemacht hat. Er stammt aus Kroatien und es ist nicht bekannt welches Wesen die Mutterhündin hatte und was sie den Welpen vermittelt hat. Auch ist nicht bekannt welche Vorerfahrungen der Hund in Bezug auf Kindern gemacht hat.

Die Familie lebt mit dem Hund in einem Haus mit Garten. Die Kinder treffen immer wieder beim laufen durch das Haus auf den schlafenden Hund. Dieser fühlt sich gestört und knurrt die Kinder an und notfalls schnappt er auch nach den Kindern.

Da es sich hier um einen Hütehundmischling handelt, ist die Aggressionsbereitschaft schon genetisch verankert und vermutlich hat er auch in Kroatien schlechte Erfahrungen mit Kindern gemacht und gelernt sich gegen diese zu verteidigen.

Zuerst muss akzeptiert werden, dass der Hund knurrt und damit anzeigt, dass seine Individualdistanz unterschritten wurde - bitte zurück gehen.

Die Familie bekam den Rat, dass sich die Kinder gegen den knurrenden Hund wehren müssen, damit sie dem Hund klar machen, dass sie die Rudelführer sind und nicht der Hund. Eines der Kinder hat den Hund als er knurrte am Nacken genommen und ihn geschüttelt, darauf hin hat der Hund gebissen.

 

Training:

Dem Hund werden zwei bequeme Liegeplätze errichtet, die an einer Stelle sind, die der Hund gerne annimmt. An einer Stelle, an der der Hund viel sehen kann.

Dann konditioniert man den Platz positiv mit Leckerchen. Der Hund kann dort  auch gefüttert werden. Das Training können gerne die Kinder unter Anleitung eines Erwachsenen machen. Das wird solange geübt, bis der Hund den Platz gerne annimmt und auch selbstständig den Platz aufsucht.

Liegt der Hund jetzt unter dem Tisch und beginnt zu knurren, wenn das Kind kommt, dann geht das Kind zurück, holt ein Leckerchen und schickt den Hund auf seinen Platz. Dort gibt ihm das Kind ein Leckerchen.

Dadurch wird die Individualdistanz des Hundes gewahrt und die Kinder haben die Möglichkeit den Hund von diesem Platz auf seinen Platz zu schicken. Dadurch wird die Kommunikation verbessert und der Hund kommt nicht in Stress. Er lernt zu vertrauen und braucht keine negativen Konsequenzen zu befürchten. Die ganze Situation wird für alle entspannter.

In so eine Situation wird von vielen der Rat erteilt, dass der Hund sich den Kindern unterordnen muss und daher der Hund, wenn er knurrt, von den Kindern bestraft werden muss. Dies wird häufig mit Nackenschütteln geraten. Es herrscht die Meinung vor, dass der Hund sich auch den Kindern unterordnen muss.

Durch das Knurren zeigt der Hund an, dass seine Individualdistanz unterschritten wurde. Ignoriert man das und schüttelt den Hund im Nacken, dann wird er zubeißen. 

 Aggressivem Verhalten darf man nicht aggressiv begegnen. Aggressives Verhalten hat immer einen Auslöser. Hier müssen immer Alternativverhalten eingeübt werden, die Kommunikation verbessert werden, vertrauen geschaffen und fachliches Wissen vermittelt werden.